Projekt trifft Linie: Wer führt eigentlich wen?

Führung ist anspruchsvoll – besonders dann, wenn sie geteilt wird.
In vielen Organisationen arbeiten heute Projektteams und Linienorganisationen nebeneinander – oder besser gesagt: miteinander. Doch genau das ist oft nicht einfach. Wer entscheidet was? Wer priorisiert? Wer trägt Verantwortung?

In diesem Beitrag geht es um das Spannungsfeld zwischen Projektleitung und Linienführung – und darum, wie gute Führung trotz geteilter Verantwortung funktioniert.


Zwei Systeme, zwei Logiken

Die Linienorganisation kennt klare Hierarchien, feste Rollen, kontinuierliche Prozesse.
Projekte hingegen sind zeitlich befristet, oft interdisziplinär und auf Veränderung ausgerichtet.

Unterschiede in der Praxis:

 

Linie Projekt
Fokus: Stabilität, Effizienz Fokus: Veränderung, Ergebnis
Führung durch disziplinarische Vorgesetzte Führung durch Projektleitung
Kontinuierliche Aufgaben Einmalige Zielerreichung
Organigramm als Strukturgeber Projektstruktur als Framework

Wenn diese beiden Welten aufeinandertreffen, entsteht nicht selten Unsicherheit – bei Mitarbeitenden und Führungskräften.


Typische Spannungsfelder

  • Ressourcenkonflikte: Wer „besitzt“ eigentlich die Arbeitszeit der Mitarbeitenden – Linie oder Projekt?

  • Prioritäten-Dilemma: Was ist wichtiger – Tagesgeschäft oder Projektziel?

  • Verantwortungsdiffusion: Wer spricht mit wem über Leistung, Feedback, Entwicklung?

  • Führungsanspruch: Wer darf entscheiden – und in welchem Kontext?

Ergebnis: Projekte geraten ins Stocken, Mitarbeitende fühlen sich zerrissen, und die Stimmung leidet.


Wer führt wie – und warum das so oft unklar ist

In der Realität begegnen uns oft drei Modelle:

1. Klassisch

Die Linienführung hat das Sagen, Projektleitung koordiniert.
✅ Vorteil: Klare Machtverhältnisse
❌ Nachteil: Projektleitung oft zahnlos

2. Matrixorganisation

Führung wird geteilt: Projektleitung verantwortet das Projektziel, Linienführung die Person.
✅ Vorteil: Aufgabengerechte Führung
❌ Nachteil: Konfliktpotenzial bei Zielkonflikten

3. Agil

Rollen statt Positionen: Product Owner, Scrum Master, Team Lead – Führung wird situativ verteilt.
✅ Vorteil: Selbstorganisation
❌ Nachteil: erfordert hohe Reife des Teams

Wichtig: Kein Modell ist „besser“ – aber alle erfordern klare Kommunikation und gegenseitigen Respekt.


Wer entscheidet was? – Linie vs. Projektleitung

Eine häufige Frage in der Praxis: „Wer gibt eigentlich was frei?“
Die folgende Übersicht bringt Licht ins Führungsdunkel:

 

Thema / Entscheidung Linienführung Projektleitung Hinweis / Empfehlung
Urlaub / Abwesenheiten Linie koordiniert Ressourcenverfügbarkeit mit Projektleitung
Definition von Arbeitspaketen Projektleitung legt Ziele & Inhalte fest, evtl. mit Team
Zuteilung von Mitarbeitenden Linie „verleiht“ Mitarbeitende ins Projekt
Tägliche Arbeitsorganisation im Projekt Projektleitung führt fachlich während der Projektzeit
Leistungsbeurteilung / Feedback ✅ (formell) ✅ (fachlich) Gemeinsames Feedbackgespräch sinnvoll
Priorisierung von Aufgaben ggf. gemeinsam Je nach Ressourcenkonflikt Absprache nötig
Entscheidung über Projektergebnisse Projektleitung verantwortet Zielerreichung
Budget und Ressourcen fürs Projekt ggf. gemeinsam Freigabe oft auf höherer Ebene (Sponsor)
Fortbildung / Entwicklung der Mitarbeitenden (indirekt beteiligt) Linie plant, Projektleitung kann Empfehlungen geben
Konfliktlösung im Team ✅ (bei eskalierter Situation) ✅ (im Projektalltag) Frühzeitige Klärung durch Projektleitung, Eskalation an Linie bei Bedarf

💡 Tipp: Solche Rollen- und Entscheidungsübersichten lohnen sich auch intern – als gemeinsam abgestimmtes Dokument im Kickoff, z. B. ergänzt durch eine RACI-Matrix.


Was gute Führung in Projekten UND Linie ausmacht

Ob klassisch oder agil – gute Führung bedeutet:

  • Klarheit schaffen: Wer hat welche Entscheidungsbefugnis?

  • Ziele transparent machen: Nicht nur das „Was“, sondern auch das „Warum“

  • Gemeinsam priorisieren: Linie und Projekt ziehen an einem Strang

  • Feedback ermöglichen: Auch die Projektleitung braucht Sichtbarkeit und Rückhalt

  • Verbindlichkeit herstellen: Aufgaben, Zuständigkeiten, Eskalationswege


Tools & Methoden für bessere Zusammenarbeit

  • RACI-Matrix für Rollen und Entscheidungslogik

  • Gemeinsame Projekt-Jour Fixes

  • Retrospektiven mit Projekt und Linie

  • Prozessvisualisierungen, die auch die Linie einbinden

  • Abstimmung bei Engpässen mit vordefinierter Eskalationskultur


Fazit: Zwischen den Stühlen – oder verbindend dazwischen?

Projekt- und Linienführung müssen nicht in Konkurrenz stehen. Im Gegenteil: Wer es schafft, klare Rollen, gemeinsame Ziele und respektvolle Kommunikation zu etablieren, nutzt die Vorteile beider Welten.

Führung in der Matrix heißt nicht weniger Verantwortung – sondern gemeinsam Verantwortung tragen.


Mein Angebot: Rollen klären – Zusammenarbeit stärken

Ich begleite Organisationen dabei, Rollen, Prozesse und Führungslogiken in Projekten klarer zu gestalten – durch Workshops, Moderation und individuelle Beratung.

📌 Melden Sie sich gerne – ich freue mich auf Ihre Projekte.

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