Die Europäische Union hat mit dem AI Act eines der weltweit ersten umfassenden Regelwerke zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) geschaffen. Ziel ist es, Innovationen zu ermöglichen, aber gleichzeitig Risiken zu minimieren. Doch was bedeutet das für Unternehmen in Österreich und Deutschland? Welche praktischen Konsequenzen ergeben sich für die Wirtschaft? Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Aspekte und gibt konkrete Beispiele.
1. Was ist der AI Act?
Der AI Act (Gesetz über Künstliche Intelligenz) wurde von der Europäischen Kommission verabschiedet, um den Einsatz von KI-Systemen in der EU zu regulieren. Er basiert auf einem risikobasierten Ansatz, der KI-Anwendungen in vier Kategorien einteilt:
- Verbotene KI: Systeme, die Grundrechte verletzen (z. B. Social Scoring wie in China).
- Hochrisiko-KI: KI-Systeme, die in kritischen Bereichen wie Medizin, Justiz oder Personalwesen eingesetzt werden.
- Begrenztes Risiko: Systeme, die Transparenzanforderungen erfüllen müssen (z. B. Chatbots, die als KI erkennbar sein müssen).
- Minimales Risiko: Allgemeine KI-Anwendungen, die kaum reguliert werden (z. B. Spam-Filter, Videospiele mit KI-Elementen).
2. Wer ist betroffen?
Der AI Act betrifft alle Unternehmen, die KI-Systeme entwickeln, anbieten oder nutzen – unabhängig davon, ob sie direkt in der EU ansässig sind oder nicht. Besonders betroffen sind:
- Tech-Unternehmen und Softwareentwickler
- Industrie- und Produktionsunternehmen, die KI in der Fertigung einsetzen
- Finanz- und Versicherungsunternehmen mit KI-gestützten Analysen
- E-Commerce-Plattformen, die personalisierte Empfehlungen anbieten
- HR-Abteilungen, die KI in der Bewerberauswahl einsetzen
3. Praktische Auswirkungen auf Unternehmen
a) Strengere Anforderungen für Hochrisiko-KI
Unternehmen, die Hochrisiko-KI einsetzen, müssen:
- Risikobewertungen durchführen,
- KI-Modelle dokumentieren und überwachen,
- Menschliche Kontrollmechanismen einführen,
- Sicherstellen, dass die KI keine diskriminierenden Ergebnisse produziert.
Beispiel: Ein Unternehmen, das KI für automatisierte Kreditentscheidungen nutzt, muss nachweisen, dass sein Modell keine unfaire Diskriminierung (z. B. nach Geschlecht oder Herkunft) verursacht.
b) Transparenzpflichten für KI-Systeme
Bestimmte KI-Systeme müssen klar erkennbar machen, dass sie KI nutzen. Dies betrifft:
- Chatbots (z. B. Kundenservice-KIs müssen sich als solche zu erkennen geben)
- KI-generierte Inhalte (Deepfakes müssen gekennzeichnet sein)
- Empfehlungssysteme in Online-Shops (müssen nachvollziehbar sein)
Beispiel: Eine E-Commerce-Website, die personalisierte Produktvorschläge auf Basis von KI macht, muss erklären, nach welchen Kriterien die Empfehlungen entstehen.
c) Anpassungen für KMUs und Start-ups
Der AI Act enthält Erleichterungen für kleine Unternehmen, um Innovation nicht zu bremsen. Beispielsweise sind niedrigere Compliance-Kosten und Unterstützung durch EU-Förderprogramme vorgesehen.
Beispiel: Ein Start-up, das eine KI-gestützte Bildbearbeitungssoftware entwickelt, fällt unter die Kategorie „begrenztes Risiko“ und muss nur grundlegende Transparenzanforderungen erfüllen.
4. Praxisbeispiele: Unternehmen, die den AI Act umsetzen
1. Deutsche Bank (Finanzsektor)
- Setzt bereits ethische KI-Governance-Richtlinien um, um diskriminierungsfreie Kreditentscheidungen zu gewährleisten.
- Nutzt externe Audits, um Transparenz sicherzustellen.
2. Zalando (E-Commerce)
- Hat ein KI-Erklärbarkeitsmodell eingeführt, um Kunden besser zu informieren, wie Produktempfehlungen zustande kommen.
- Markiert KI-generierte Produktbeschreibungen entsprechend den neuen Transparenzanforderungen.
3. Siemens (Industrie & Automatisierung)
- Entwickelt KI-gestützte Fertigungssysteme, die nachweislich fair und sicher arbeiten müssen.
- Implementiert menschliche Überwachungsmechanismen, um fehlerhafte Entscheidungen zu vermeiden.
5. Schritt-für-Schritt-Anleitung: Was Unternehmen tun müssen
- KI-Systeme identifizieren: Welche KI-Technologien nutzt Ihr Unternehmen bereits? (z. B. ChatGPT für Kundenservice, KI-gestützte Analysen, Empfehlungssysteme).
- Risikobewertung durchführen: Einstufung der KI-Systeme nach dem AI Act (Minimales, Begrenztes, Hochrisiko).
- Transparenzmaßnahmen umsetzen: Kennzeichnung von KI-generierten Inhalten, Offenlegung von Entscheidungsprozessen.
- Schulungen für Mitarbeiter organisieren: Unternehmen, die KI nutzen, müssen sicherstellen, dass Mitarbeiter KI-gestützte Tools verantwortungsvoll einsetzen (z. B. durch interne Trainings zu ethischer KI-Nutzung).
- Compliance-Mechanismen einrichten: Dokumentation, regelmäßige Audits und ggf. externe Prüfungen für Hochrisiko-KI.
- Anpassung von Geschäftsprozessen: Integration von KI-Regeln in AGBs, Datenschutzrichtlinien und interne Unternehmensrichtlinien.
- Regelmäßige Überprüfung der KI-Strategie: Der AI Act wird weiterentwickelt, daher sollten Unternehmen ihre Compliance-Maßnahmen kontinuierlich anpassen.
6. Fazit
Der AI Act bringt für Unternehmen in Österreich und Deutschland klare Regeln, aber auch Herausforderungen. Unternehmen müssen frühzeitig Maßnahmen zur Compliance ergreifen, um Strafen und Reputationsrisiken zu vermeiden. Gleichzeitig bietet der AI Act Chancen für vertrauenswürdige KI-Innovationen, die langfristig Wettbewerbsvorteile schaffen können.
📌 Wie bereitet sich Ihr Unternehmen auf den AI Act vor? Diskutieren Sie mit uns in den Kommentaren!