Was ist SAFe® – und ist es noch zeitgemäß?

Agil arbeiten – ja gerne. Aber wie genau? Wenn ein Team Scrum macht, ist das noch überschaubar. Aber was, wenn eine ganze Abteilung agil werden soll – oder gleich ein ganzes Unternehmen?

Spätestens dann stolpert man fast zwangsläufig über den Begriff SAFe® – das Scaled Agile Framework. Doch was steckt wirklich dahinter? Wie funktioniert SAFe? Ist das nicht „zu viel Methode“? Und gibt es Alternativen?


A. Kurzdefinition: Was ist SAFe®?

SAFe steht für Scaled Agile Framework und ist ein Rahmenwerk, das es großen Organisationen ermöglicht, agiles Arbeiten auf viele Teams und ganze Geschäftsbereiche auszuweiten – strukturiert und abgestimmt.

Ziel: Agilität im großen Maßstab, also „Business Agility“

SAFe verbindet Elemente aus:

  • Scrum (für Teamarbeit)

  • Kanban (für Fluss und Visualisierung)

  • Lean Thinking (für Effizienz)

  • DevOps (für kontinuierliche Auslieferung)

  • und Design Thinking (für Nutzerzentrierung)

Das Scaled Agile Framework (SAFe®) wurde ursprünglich von Dean Leffingwell entwickelt – einem amerikanischen Softwareentwickler, Unternehmer und Autor, der sich intensiv mit agiler Softwareentwicklung im großen Maßstab beschäftigt hat.


B. Wie funktioniert SAFe? – Die Struktur einfach erklärt

SAFe ist in mehrere Ebenen unterteilt:

1. Team-Ebene

Jedes agile Team arbeitet meist mit Scrum oder Kanban. Es gibt Product Owner, Scrum Master etc. – wie man es kennt.

2. Agile Release Train (ART)

Mehrere Teams (oft 5–12) arbeiten gemeinsam an einem Produkt oder einer Lösung – als sogenannter „Agile Release Train“ (ART).
Alle Teams liefern in abgestimmten Takten – dem sogenannten „Program Increment (PI)“, meist alle 8–12 Wochen.

Dafür gibt es zusätzliche Rollen:

  • Release Train Engineer (wie ein übergreifender Scrum Master)

  • Product Management (koordiniert das große Ganze)

  • System Architect (technischer Rahmengeber)

3. Lösungs- und Portfolio-Ebene

Hier geht’s um Strategie, Budgets, Roadmaps und große Initiativen.
Agile Methoden treffen hier auf klassische Unternehmensplanung – ein Balanceakt, den SAFe bewusst gestaltet.


C. Was macht SAFe konkret?

Ein typischer SAFe-Prozess sieht so aus:

  1. Es gibt eine strategische Planung: Welche Initiativen will die Organisation voranbringen?

  2. Daraus entstehen Features und Epics, die den agilen Teams übergeben werden.

  3. Alle paar Monate gibt es ein großes Planungs-Event: das PI Planning.

    • Alle Teams treffen sich (oft in Präsenz oder remote)

    • Ziele, Abhängigkeiten und Risiken werden abgestimmt

    • Danach arbeiten alle 8–12 Wochen gemeinsam auf diese Ziele hin

  4. Am Ende: Review, Retrospektive und nächste Planung


D. Für wen ist SAFe gedacht?

SAFe wurde entwickelt für große Organisationen, z. B.:

  • Konzerne mit mehreren Produktteams

  • Unternehmen mit vielen Abhängigkeiten zwischen Teams

  • Organisationen, die Agilität skalieren wollen, ohne ihre Steuerungslogik komplett über Bord zu werfen


E. Vorteile von SAFe

Vorteil Erklärung
Skalierbarkeit Mehrere Teams können synchron an einer Lösung arbeiten
Struktur & Orientierung Klare Rollen, Meetings und Artefakte – auch für klassische Führungskräfte nachvollziehbar
Planbarkeit + Agilität Langfristige Planung (PI) und kurze Iterationen werden kombiniert
Integration klassischer Logik Lean Portfolio Management verbindet Strategie & Agilität

F. Kritikpunkte – und warum SAFe nicht für alle passt

Kritik Was dahintersteckt
Sehr komplex Viele Rollen, Events, Begriffe – wirkt oft überladen
„Agile Bürokratie“ Gefahr: Agilität wird durch starre Strukturen ersetzt
Zertifizierungs-Business SAFe ist stark standardisiert – was nicht jedem gefällt
Wenig Flexibilität SAFe gibt viel vor – nicht jedes Team kann sich damit identifizieren

Fazit der Kritiker:innen:
SAFe kann helfen, ist aber nicht „lean“ im klassischen Sinne.
Für kleinere Organisationen oder Teams mit hoher Eigenverantwortung ist es oft zu schwerfällig.


G. Was sind Alternativen zu SAFe?

Je nach Größe und Kultur gibt es mehrere andere Frameworks, die Agilität im großen Stil ermöglichen:

Alternative Für wen geeignet? Besonderheiten
LeSS (Large Scale Scrum) Mittelgroße Organisationen mit bis zu 8 Teams Weniger Rollen, sehr teamzentriert, minimalistisch
Spotify-Modell Agile, kreative Umfelder (v. a. Produktentwicklung) Squads, Tribes, Chapter – hohe Autonomie
Nexus (Scrum.org) Scrum-basierte Skalierung für bis zu 9 Teams Nahe an klassischem Scrum, leichtgewichtig
UnFIX (neuer Ansatz von Jurgen Appelo) Unternehmen mit Fokus auf Menschen & Innovation Modular, flexibel, teamzentriert
Flight Levels Organisationen mit komplexen Abhängigkeiten Fokus auf Koordination über Ebenen hinweg – kein starres Framework

H. Ist SAFe noch aktuell?

Ja – aber nicht überall.

SAFe wird nach wie vor in vielen Konzernen eingesetzt (z. B. Bosch, Siemens, Deutsche Bahn). Vor allem dort, wo:

  • viele Teams zusammenarbeiten

  • Planungssicherheit gefragt ist

  • agile Methoden in klassische Umfelder eingebettet werden müssen

Gleichzeitig gibt es einen klaren Trend zu mehr Flexibilität, dezentraler Steuerung und modulareren Frameworks.

Die Frage ist also nicht: „Ist SAFe gut oder schlecht?“ Sondern: Passt SAFe zu unserem Kontext, unserer Kultur und unseren Zielen?


I. Fazit: SAFe ist ein Baugerüst – kein Zaubertrick

SAFe kann helfen, große Organisationen in Bewegung zu bringen. Aber es ist kein Selbstläufer – und schon gar nicht für jedes Team geeignet. Es braucht:

  • ein gutes Verständnis der Rollen & Prinzipien

  • mutige Teams, die wirklich agil arbeiten wollen

  • Führungskräfte, die bereit sind, Verantwortung zu teilen

Oder eben: Ein anderes Modell.


📌 Neugierig, welches Framework zu Ihrer Organisation passt? Ich stelle gerne einen kurzen Selbstcheck oder Entscheidungsbaum zur Verfügung – oder unterstütze bei der Auswahl eines passenden agilen Ansatzes für Ihr Team.

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